Einige Gehminuten vom Bahnhof Nordhausen entfernt, findet man das Gelände des alten Siechenhofes und des früheren Gaswerkes von Nordhausen. Während die Straßenseite des Siechenhof mit Kreismusikschule und Cyriaci-Kapelle einen guten Eindruck macht, sieht es im Inneren des Siechenhofes anders aus.

Bis auf das renovierte und restaurierte Gebäude der heutigen Kreismusikschule bieten die anderen Gebäude des Siechenhof einen verfallen Eindruck der Verwahrlosung und Vernachlässigung. Ein trauriger und beschämender Anblick für die Stadt Nordhausen, wenn die Geschichte und frühere Bedeutung dieses Ortes bedenkt. Einen noch schlimmeren Eindruck macht das Gelände des ehemaligen Gaswerkes. Mehrere Nordhausener bestätigten übereinstimmend, dass dieses Gelände mit den Ruinen seit den Wendejahren immer mehr verfällt und verwahrlost. Als ich einige Jugendliche ansprach, meinten diese nur dass sie das alte Gaswerk nicht anders kennen würden und dort nie etwas passieren würde.

Beide Orte boten einen traurigen Anblick für all jene Menschen, die sich der Bedeutung des kulturellen und geschichtlichen Erbe für zukünftige Generationen bewusst sind. Denn wie sollen zukünftige Generationen sich den Wurzeln und der Geschichte ihrer Gesellschaft bewusst werden, wenn das kulturelle Erbe verwahrlost und verloren wird? Zu diesen Erbe und Zeugnissen gehören Orte wie der Jahrhunderte alte Siechenhof genauso wie die Zeugnisse aus der Geschichte der Industrialisierung und der Verkehrsgeschichte. Denn die Geschichte der Deutschen umfasst nicht nur die Jahrzehnte seit 1933, 1945 bzw. 1949 oder erst ab 1990 sondern sie reicht über Jahrhunderte. Und es ist wichtig für zukünftige Generationen, dass sie diese Geschichte auch besuchen, begreifen und erleben können. Denn nur so können zukünftige Generationen aus der Vergangenheit lernen und die heutige Gesellschaft begreifen. Eine Gesellschaft ohne Geschichte und kulturelles Erbe ist eine Ansammlung von Menschen ohne Gemeinsamkeit und ohne Identität.

Und werte Verantwortlichen von Nordhausen – was sollen Kinder und Jugendliche im Umgang mit Kultur lernen, wenn ausgerechnet vor der Tür eines Ortes wie der Kreismusikschule gezeigt wird, wie man nicht mit dem kulturellen und geschichtlichen Erbe umgehen sollte?