Fast schnur gerade und zweispurig zieht sich der Ranstädter Weg einer Rennstrecke gleich durch Leipzig. Der Elstergraben lockert die Stadtgestaltung an der Stelle auf und lädt zum flanieren auf dem Gehweg ein. Sicher kein touristischer Hotspot, aber dies macht ihn um so reizvoller, wenn sich von den Touristenströmen ab dem Richard-Wagner-Platz erholen will.
Wer dort am Elstergraben langläuft findet auf der Ecke Thomasiusstraße eine kleine Gedenkstätte für einen getöteten Jugendlichen. Der damals 16jährige Jugendliche Ruben starb durch den Fahrer eines auf 585 PS aufgemotzten Mercedes E63 AMG, welcher mit ca. 90 km/h durch die Innenstadt raste. Der Fahrer wurde nach 2 Jahren zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, gegen welche er Berufung einlegte. Auch während des Gerichtsverfahren soll der Fahrer mehrfach im Straßenverkehr durch Raserei und mangelnde Beachtung der Straßenverkehrsordnung aufgefallen sein. Mehrere Pressemeldungen bestätigen, dass der Fahrer auch 2021 noch seinen Führerschein weiter besitzen durfte.
An der Gedenkstelle für den durch den Raser getöteten Jugendlichen befindet sich ein Tempo30 Schild. Die Tempo 30 Zone führt jedoch nicht bis zum Ende des Abschnittes am Richard-Wagner-Platz, sondern endet nach ca. 1/3tel. Anliegen der Gedenkstätte ist es nicht nur auf das Problem der Raserei aufmerksam zu machen und an Ruben zu erinnern, sondern auch der Forderung nach einer stationären Radarfalle Ausdruck zu verleihen. Ob eine Radarfalle wirklich die Situation entschärfen würde, wenn die Autofahrer dann einfach nach der Radarfalle wieder auf das Gas treten würden?
bei Tempo30 und zwei Spuren ist kein Platz auf dem Gehweg
Trotz Tempo30 und einer zweispurigen Straße wurde der Gehweg für Radfahrer frei gegeben. Was während des flanierens und fotografieren zu einigen Konflikten zwischen mir und einigen Radfahrern führt, die das „Radweg frei“-Schild mit einem „Radwegschild“ verwechselten. Und anscheinend die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit auch nur für eine Empfehlung halten. Ein Radfahrer aus der Gegenrichtung war sogar der Meinung, dass es ok wäre so schlechte Bremsen zu haben das erst ein Körperkontakt mit mir ihn bremsen konnte. Oder glaubte dieser zweirädrige Verkehrsrowdy etwa, ich müsse als Fußgänger auf dem Gehweg ihm automatisch Platz machen? Falsch gedacht, denn ein blaues Schild sagt klar wem der Gehweg gehört und zwar dem Fußgänger. Der Fußgänger ist dort willkommen und bei „Radfahrer frei“ der Radfahrer nur widerwillig geduldet. Will man als Radfahrer schneller unterwegs sein und ohne störende Fußgänger, dann möge er doch bitte die Straße wie jedes andere Fahrzeug auch nehmen und andere Verkehrsteilnehmer in ihrem Schutzraum nicht nerven oder gar gefährden.
Zwei Spuren und Tempo30? Wieso müssen in einer solch schönen Konstellation denn bitte Radfahrer egal in welcher Fahrtrichtung auf den Gehweg fahren und dabei harmlose Touristen erschrecken und beim fotografieren stören? Vor Ort fragten wir nach wie lange die Situation besteht. Ein freundlicher Leipziger gab die Auskunft, dass die Situation dort so seit mind. 10 bis 15 Jahren sei.
Der Gehweg ist kein Schutzraum für Radfahrer
Bei meiner Rückfahrt nach Berlin musste ich öfters über Sinn und Unsinn der Verkehrsplanung und die Gedenkstätte an den getöteten Jugendlichen nachdenken. Wieso darf jemand weiter einen Führerschein besitzen, wenn er offensichtlich der Meinung ist, dass es in Ordnung ist mit 90km/h durch die Innenstadt zu rasen und dabei einen Menschen zu töten? Wieso sollen Radfahrer einen Gehweg mitbenutzen, obwohl de Straßenverhältnisse dies nicht notwendig machen? Bei zwei Spuren und Tempo30 sehe ich definitiv keinen Grund einen Radfahrer auf den Gehweg fahren zu lassen. Sollte die Stadt Leipzig hier eine Gefährdung der Radfahrer durch kriminelle Autofahrer sehen, welche meine die StVO ist nur Empfehlung, dann wäre es wohl Zeit endlich durchzugreifen und die Führerscheine samt Fahrzeuge einzuziehen. Und bei hartnäckigen Fällen auch die Härte der sächsischen Justiz spüren zu lassen. Immerhin konnte ich am hauptbahnhof sehen wie die sächsische Polizei rigeros gegen Menschen durchgriff die es wagten ein „Betreten des Rasens verboten“-Schild zu ignorieren und es sich auf einer Wiese gemütlich machten. Und dann schont ihr Verkehrsrowdys und knickt vor diesen ein?
Würde ich diesen Abschnitt in Leipzig mit einer Straße in Berlin vergleichen müssen, dann wäre wohl die Leipziger Straße zwischen Friedrichstraße und Potsdamer Platz. Eine Hauptverkehrsstraße mit Tempo 30, bei der jedoch in Berlin der Radfahrer auf der Straße fahren muss. Und dies in Berlin sogar ohne größere Probleme und Schwierigkeiten – und das bei einer der vielbefahrensten Straßen von Berlin. Und sollten die Autofahrer in Leipzig unfähig sein die Radfahrer auf einer zweispurigen Straße mit Tempo30 nicht zu gefährden, dann wäre es sicher machbar eine der beiden Fahrspuren den Radfahrern zu widmen. In Berlin gibt es da gute Erfahrungen mit PopUp-Radwegen bzw Protectet-Bike-Lanes im Volksmund auch als Fahrradspuren bekannt. Die Breite einer Fahrspur ist viel besser für Radfahrer, als die Enge eines Gehweges. Auf der die Radfahrer das Risiko eingehen sich mit nervigen Touris rumzuplagen, die einfach nur die Stadt genießen wollen und außerhalb der vorgesehenen Tourizone bewegen. ein Problem was als Radfahrer in Berlin jeden Tag erlebe. Richtig nervig diese permanent schlendernden und fotografierenden Touris bei uns 😀
Der Gehweg ist kein Fahrradasyl
Werte Verkehrsplaner und Verkehrsverwaltungen, der Gehweg ist ein für die schwächsten Verkehrsteilnehmer vorgesehener Schutzraum der eine sichere Fortbewegung ermöglichen soll. Der Gehweg ist jedoch kein Fluchtasyl für Radfahrer die vor unfähigen Autofahrern flüchten müssen, Autofahrern die nicht einmal ein Trettauto fahren sollten. Das Fahrrad ist ein zweirädriges von Muskelkraft betriebenes Fahrzeug, und diese gehören wie andere Fahrzeuge auch auf die Straße. Radwege oder gar die Freigabe eines Gehweges, dieses Schutzraumes für die schwächsten Verkehrsteilnehmer, hat die absolute Ausnahme und nicht der Regelfall zu sein. Ein Gehweg soll es ermöglich zu flanieren und zu genießen, er soll es nicht ermöglichen Radfahrer von der Straße zu bekommen damit irgendwelche Typen dort lang rasen können. Ein Gehweg soll zum verweilen einladen und zum umsehen in der Stadtlandschaft. Und nicht zum permanenten Umdrehen animieren (was den Hals anstrengt) ob man von Radfahrern fast über den Haufen gefahren wird. Nicht persönlich nehmen liebe Leipziger Radfahrer, aber ich hasse einfach Radfahrer auf den Gehweg. Vorallem wenn neben mir zwei Fahrspuren mit Tempo30 sind, auf denen ihr ganz bequem fahren könntet.
Und ob eine einsame Radarfalle wirklich etwas bringt, wenn der Autofahrer danach das Gas durchdrücken kann, wage ich zu bezweifeln. fast alle Autofahrer die ich kenne, können sehr zielgenau abbremsen bei den bekannten Radarfallen um danach zu wissen wo das Gaspedal ist.